Eine Gegenstromanlage für 45 Euro?

Eine Gegenstromanlage für 45 Euro?

Was jetzt?
Ist das eine Gegenstromanlage für Arme oder ist es gar nicht ernst gemeint?

Nein, Ja.
Also Nein – ein Schwimmgurt ist sicher keine Gegenstromanlage für Arme und ja, es ist ernst gemeint.

Wer unseren Blog kennt, hat sicher schon hie und da gelesen, dass wir von Gegenstromanlagen nicht wirklich überzeugt sind. Wie jedes Ding haben auch diese Anlagen sicher ihre Vorteile, aber halt auch einige Nachteile.

Mit dem Preis geht schon alles los. Will man eine wirklich leistungsfähige Gegenschwimmanlage, mit der man auch richtig gut Langstreckenschwimmen kann, muss man schon etwas tiefer in das Portemonnaie greifen. Sorry, für 1.500 Euro wird das nichts. Gute Anlagen beginnen so bei etwa 60 cbm/h, dafür darf man schon mal gute 4 – 5.000 Euro auf den Tisch legen, nach oben sind kaum Grenzen. Eine der teuersten und – lt. Hersteller – der besten Gegenschwimmanlagen ist die Hydrostar aus dem Hause Binder. Die kleinste Anlage startet mit 150 cbm/h und ca. 10.000 Euro; das Kreuzfahrtmodell mit 560 cbm/h liegt bei ca. 27.000 Euro. Wer an Olympia teilnehmen will …

Den nächsten Nachteil sieht Frau Subjektiv im Geräusch. Pumpen werden oft als Lärm empfunden, derweil sie mit Geräusch verbunden – wusste schon Wilhelm Busch. Wenn Frau morgens um sechs Uhr eine halbe Stunde im Pool ihren Body stählt, hört sie Klassische Musik, Maria Callas und so. Oder den Bolero, der ja ganz leise beginnt, um dann mit zunehmendem Crescendo den Schwimmer zu Höchstleistungen zu treiben. Wobei nicht nur die Pumpen laut sind, auch das Strömungsgeräusch der Düse oder Turbine ist nicht wirklich leise und den Wasserschwall im Gesicht will man eigentlich auch nicht.

Wenn schon, denn schon. Also wenn schon eine Gegenstromanlage in den neuen Pool kommt, dann die Binder – Musik geht ja auch lauter zu drehen; Kultur wird dem Nachbarn schon nicht schaden. Dann kam das große ABER. Aber das Ding ist komplett aus Edelstahl, also wird das mit der Salzelektrolyse-Anlage nichts. Da muss sich Frau halt entscheiden. Hat sie – für Salzwasser und den Schwimmgurt.

Der Schwimmgurt

Vorweg: Es gibt ganz viele Modelle der unterschiedlichsten Hersteller. Weil WALTER unser Lieferant für hochwertige Abdeckplanen und Rollläden ist, führen wir auch den WALTER-Schwimmgurt FREE SWIM in unserem Portfolio. Der Aufbau ist nahezu identisch: Ein Gummiseil ist mit einem Hüftgurt verbunden. Ganz feudale Systeme verfügen über eine lange Metallfeder am Beckenrand; hier kommt das Seil dann schräg von oben aus etwa 150 cm Höhe.

Am Beckenrand ist für den FREE SWIM ein Edelstahldübel angebracht, in dem die Lasche des Gummiseils eingehängt ist. Bevor Sie loslegen, schauen Sie bitte immer mal nach, ob das Ding auch richtig sitzt, sonst fliegt Ihnen der Straps um die Ohren.

Man schlinge sich nun den Neoprengürtel locker um die Hüften und lege los. In unserem 7,50 Meter Becken schwimme ich bei leicht straffem Seil etwa in der Beckenmitte.

Für diesen Blogartikel habe ich ein wenig herumrecherchiert, wie sich das mit dem Kraftaufwand, dem Zuggewicht und dem Training im Allgemeinen verhält. Tatsächlich gibt es im world weiten Web eine Dissertation eines Sportstudenten über die verschiedenen Trainingsmethoden zu Lande und zu Wasser und deren Auswirkungen auf den Muskulaturaufbau. Anscheinend ist es wirklich so, dass das Schwimmen am Schwimmgurt dem Schwimmen in einem stehenden Gewässer, also einem See, näherkommt und – warum auch immer – da gibt’s eine komplizierte Formel dafür – den höchsten Trainingseffekt für die Muskulatur bietet.

Gegenstromanlagen simulieren ja eher das Schwimmen gegen eine Strömung, wobei man aber höllisch darauf achten muss, nur ja nicht aus dem Strömungsbereich heraus zu gelangen. Bei einstrahligen Düsen ist das gar nicht so einfach; zweistrahlige Anlangen bieten hier mehr Komfort, da man von den zwei Strömungen eher in der Mitte gehalten wird. Der Schwimmgurt hält einfach zurück. Egal wohin Sie schwimmen, Sie entkommen nicht. Das ist durchaus auch als entspanntes Schwimmen zu werten.

Ravels Bolero braucht etwa 15 Minuten (je nach Dirigent) bis zum Ziel. Mein lieber Jolly – 15 Minuten mit steigender Leistung am Gurt ist schon eine Ansage – also für mich. Meine Challenge für 2023 war, die Sitzbank unseres Beckens zu erreichen. Letztes Jahr habe ich mich noch über eine Beckenrandsteinlänge mehr als die Mitte gefreut. Nach ein paar Tagen richtig ernsthaften Trainings gelang das auch. Also Leistungssteigerung bis zum Beckenrand angepeilt. Wenn man den Bogen des kraftvollen Schwimmens mal raus hat, geht auch das. Nach 4 Mal Anschlagen am Rand war der Bolero endlich fertig – ich auch.

Und dann überlegt man sich tatsächlich neue Aufgaben. Rückwärtslaufen am Bande. Das geht voll auf die Bauchmuskeln. Beim rhytmischen Rückwärtsschwingen der Arme findet sich auch der Latissimus in das Konzert von Anspannung und Entspannung ein. Vorwärtslaufen aktiviert ebenfalls die Bauch- und Pomuskulatur und ein langsam geschwommener Cooldown zu den perlenden Pianotönen Chopins beendet die tägliche Trainingsroutine.

Ja ok, seit 14 Tagen habe ich Muskelkater an Stellen, an denen ich gar keinen Muskel vermutet habe, aber es macht so riesigen Spaß, schon ganz früh morgens an seine Grenzen zu gehen und sich danach bewusst zu entspannen. Man ist hellwach und läuft den ganzen Tag mit einem breiten Grinsen im Gesicht herum; schließlich war man schon vor Tag und Tau im eigenen Pool und hat für sich etwas richtig Gutes getan. Komme was da mag, morgen früh schwimmen wir uns das wieder vom Leib.

Wenn man mal seinen inneren Schweinehund überwunden hat und sich morgens eine kleine Auszeit im Pool gönnt, wundert man sich nach ein paar Tagen wirklich, was das Schwimmen mit einem macht. Lange Zeit waren wir auch nur so richtige Schönwetterschwimmer. Sonntags mittags ein bisschen in der Poolnudel abhängen, einfach nur so am Pool sitzen oder sich den Rücken von den Einlaufdüsen kraulen lassen.

So sehr sportlich bin ich lieber mal nicht, obwohl wir im Haus einen ganzen Raum mit allerlei Sportgeräten haben. Irgendwann habe ich dann Yoga für mich entdeckt; weil’s hier zwickt und da zwackt – man ist ja deutlich über 30 – und Yoga ja für alles irgendwie gut sein soll. Stimmt, nach einer kleinen Weile und regelmäßigen 20-minütigen Asanas verschwanden tatsächlich die Hüft- und andere knirschenden Zipperlein. Und da war doch noch ein Pool und Schwimmen soll ja auch so gesund sein … Für manche Erkenntnisse braucht man halt.

Seit etwa drei Jahren gehört im Sommer das Schwimmen und im Winter Yoga zu meiner Morgenroutine. Extra früher aufstehen muss ich dafür nicht, denn ich befinde mich ja eh im Stadium der senilen Bettflucht. Aus eigener Erfahrung kann ich es Ihnen wirklich ans Herz legen; auch wenn es nur 10 oder 15 Minuten sind, die Sie morgens im Pool mit aktivem Schwimmen verbringen, es ist so toll. Man ist ganz für sich, die Welt ist noch ziemlich leise. Durch die regelmäßigen Bewegungen schüttet der Körper am frühen Morgen schon Serotonin, das Glückshormon, aus; schlechte Laune ist damit passé und Bauch/Beine/Po sowie das Gewicht profitieren auch noch davon. Probieren Sie es mal, es wirkt.

Bleiben Sie uns gewogen.

Herzlichst

Gabi Zingg

Edit:

Nachdem dieser Blogartikel veröffentlicht war, erhielten von vielen Kunden ein Feedback, wonach sie ebenfalls sehr glücklich mit diesem Trainingsgummi sind. So richtig erstaunt hat uns allerdings, dass dabei einige sind, die im Pool eine Gegenstromanlage eingebaut hatten, nun aber viel lieber mit dem Straps schwimmen. Liegen wir doch mal wieder richtig mit unseren Empefhlungen;-)

Ein bisschen Klassik gefällig? Das sind meine Favoriten.
Nehmen Sie sich einfach Ihre Lieblingsmusik mit, dann macht das Schwimmen noch mehr Spaß.
Mit Nothing else matters geht’s übrigens auch 😉

Ravels Bolero – das fängt ganz harmlos an und ist nur schön.

Beethovens Violinkonzert – einzigartig.

Chopin und Merlot geht immer.

Casta Diva von der Callas – zum Niederknien.

2023-07-16T11:29:59+02:00